Die Gesundheitszentren

2017 hat die Robert Bosch Stiftung begonnen, mit dem Programm PORT bundesweit elf Initiativen zu fördern, um lokale Gesundheitszentren zu etablieren. Die Förderung hat der Bosch Health Campus als Tochtereinrichtung der Stiftung inzwischen übernommen. Die Zentren sind angetreten, eine umfassende Grundversorgung der Bevölkerung in verschiedenen Regionen zu gewährleisten und eine bessere Versorgung von chronisch kranken Menschen aus einer Hand zu ermöglichen. Lernen Sie die Standorte näher kennen und gewinnen Sie Einblicke in die geförderten Initiativen: Berlin-Neukölln, Büsum, HohensteinWillingen-DiemelseeBrüggen, Dachau, Darmstadt-Dieburg, Hamburg-Veddel, Kassel, Märkische Höhe und Hülben.

Berlin-Neukölln

In Berlin gibt es viele Ärzt:innen. Aber nicht überall. Die Sozialräume Rollbergsiedlung und Flughafenstraße im Stadtteil Neukölln haben einen hohen Anteil an Menschen mit einer Migrationsgeschichte, Diskriminierungserfahrung, prekären Wohn- und Arbeitsbedingungen sowie Armut. Ärzt:innen und passende Angebote zur Gesundheitsversorgung sind jedoch Mangelware. Genau hier hat das Gesundheitskollektiv Berlin e.V. (GeKo) ein PORT-Zentrum errichtet, in dem zusätzlich zur medizinischen Versorgung auch die sozialen Lebenswelten der Menschen berücksichtigt werden.

Um die 20.000 Menschen leben im Norden des Berliner Bezirks Neukölln, zwischen Rollbergstraße und Mittelweg. Der Sozialraum zeichnet sich durch seine große Vielfalt aus und ist in ständiger Veränderung. Etwa 70 Prozent der Anwohner haben eine Migrationsgeschichte, mehr als jeder Vierte ist jünger als 18 Jahre. Höchste Anteile – verglichen mit dem Rest Berlins – gibt es an Arbeitslosen, Empfängern von Transferleistungen und Kinderarmut. Niedrig hingegen ist die Anzahl an Ärzt:innen im Viertel. Dazu kommen eklatante Morbiditätsdaten: viele chronisch und mehrfach Erkrankte sowie eine hohe Säuglingssterblichkeit. Der Bedarf an einer umfassenden gesundheitlichen Versorgung ist hier groß. Deshalb engagiert sich hier das 2014 gegründete Gesundheitskollektiv Berlin. Im Dezember des Jahres 2020 hat das Kollektiv ein Stadtteilgesundheitszentrum auf dem Gelände der ehemaligen Kindl-Brauerei eröffnet. Hier hat die Baugenossenschaft TRNSFRM e.G. mit Unterstützung der Stiftung Edith Maryon ein Gebäude errichtet, das neben Praxisräumen auch Beratungsräume und gemeinschaftlich genutzte Flächen für Organisationen und Vereine aus dem Viertel beherbergt. Ein Café dient als niederschwellige Begegnungsstätte für alle Menschen im Quartier. Als PORT versorgt das GeKo Berlin von diesem Standort aus nicht nur pro Jahr etwa 3.500 Menschen gesundheitlich, sondern versucht zusammen mit ihnen ihre Lebenswelten gesundheitsförderlicher zu gestalten.

Das etwa 25-köpfige Kollektiv aus Ärzt:innen, Psycholog:innen, Pflegekräften, Gesundheitswissenschaftler:innen Sozialarbeiterinnen, Erfahrungsexpert:innen und Sportpädagog:innen leistet eine interprofessionelle und hierarchiearme Arbeit, die die Bewohner teilhaben lässt und einbindet. Praktisch wirkt das PORT-Zentrum in vier Säulen: der primärmedizinischen Versorgung, der Beratung, der Forschung und der Gemeinwesenarbeit. 

Kommen Patient:innen oder Betroffene in das Zentrum, werden sie nach einer Ersteinschätzung passend versorgt, in und zwischen verschiedenen Bereichen der Versorgung vermittelt. Fallbesprechungen und eine elektronische Akte unterstützen diese Prozesse. Dazu arbeitet das Kollektiv aufsuchend und partizipativ: Die Mitglieder gehen zusammen mit Bewohner:innen in ihr Viertel, zu Vereinen, Initiativen und Treffen. Sie hören zu, informieren über bestehende Angebote und erweitern so ihr regionales Netzwerk. Mit der Kiezbefragung wurden in Zusammenarbeit mit lokalen Initiativen und mehrsprachigen Interviewer:innen die Bedarfe der Anwohner:innen ermittelt. Somit können die Angebote des PORT-Zentrums nach den Vorstellungen der Menschen vor Ort gestaltet und weiterentwickelt werden. Mit der mobilen Gesundheitsberatung sprechen die Kollektivmitglieder mit Personen aus dem Kiez über Themen rundum Gesundheit, um die Gesundheitskompetenz zu stärken. Dazu werden Elterncafés, Moscheen, Seniorentreffpunkte und andere Orte aufgesucht.

Zur Webseite des Gesundheitskollektiv Berlin 

Eva Weirich – Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin sowie Gesundheitswissenschaftlerin
Meiner Meinung nach ist Hilfe in Anspruch zu nehmen eine hohe soziale Kompetenz. Entsprechend sollte Hilfe einzufordern und anzunehmen als eine Stärke betrachtet werden. Das Stadtteilgesundheitszentrum Neukölln ist ein Ort, an dem diese Stärke anerkannt und gefördert wird. Hier erfahren die Menschen Selbstwirksamkeit in Bezug auf ihre Gesundheit. Dazu gehört die Grundhaltung, dass die Menschen Expert:innen für sich selbst sind. Gleichzeitig sollen sie mit den Entscheidungen und Lebensumständen, die ihre Gesundheit betreffen, nicht alleine gelassen werden. Dafür ist eine multiprofessionelle Versorgung, die an einem Ort vereint ist, eine der besten Versorgungsformen.

Kirsten Schubert, Ärztin
Kirsten Schubert ist Fachärztin für Allgemeinmedizin im Gesundheitszentrum und Kollektivmitglied der ersten Stunde. In der Praxis ist sie jeden Tag mit dem Zusammenhang zwischen Lebensbedingungen und Gesundheit konfrontiert. „Wenn Menschen Sorgen und Existenzängste haben oder von Diskriminierung betroffen sind bringen sie dies mit in die Sprechstunde. Die Zusammenarbeit in unserem multiprofessionellen Team ermöglicht es uns, diese Personen viel besser zu betreuen als ich es alleine könnte“. Sie schätzt die Zusammenarbeit mit dem Case Management besonders für multimorbide Patient:innen und kann sich keinen besseren Arbeitsplatz vorstellen.

Ali Kantouri, Sozialberatung
Der passionierte Sportfachmann und ehemalige Leistungssportler bietet Kindern und Jugendlichen im Stadtteil Sport- und Bewegungsangebote für alle an. Offene Angebote, die sich nach den Bedarfen der Kinder richten, ohne Druck und Pflicht. „Ich erreiche die Kinder über Sport und Spaß an der Bewegung. Das ist gesund und schafft Vertrauen“. Ali ist mittlerweile eine feste Institution im Kiez und Ansprechpartner für vieles und viele. Über ihn finden Menschen Zugang zum Gesundheitszentrum, die sonst nicht kämen.

Dr. Patricia Hänel als Projektleitung
„Wir wollen Gesundheitszentren deutschlandweit ermöglichen.“ Die Ärztin und Projektmanagerin sieht das Gesundheitszentrum Neukölln als Prototyp für ein neues Konzept der Primärversorgung. Sozialraumorientiert, multiprofessionell und barrierearm muss eine Versorgung sein, die Menschen mit komplexen Herausforderungen erreicht. Dafür setzt sich das Gesundheitskollektiv auch deutschlandweit politisch ein.

Elisabeth Lange, Sozialarbeiterin
Als Sozialarbeiterin erfährt Elisabeth Lange viel über die persönlichen Sorgen und Ängste der Menschen im Stadtteil. Hierbei wird immer wieder deutlich: In der medizinischen Versorgung können zwar Krankheitssymptome behandelt werden. Für eine nachhaltige Verbesserung der Gesundheit müssen jedoch auch die sozialen Verhältnisse einbezogen werden, in denen die Menschen leben. Wenn also ein Mensch wegen seiner Atemprobleme behandelt wurde und nach erfolgter Genesung wieder zurück in die verschimmelte Wohnung geht, wird die Heilung nur von kurzer Dauer sein. Aus diesem Grund arbeitet Elisabeth Lange gern im Stadtteil-Gesundheits-Zentrums, da hier entsprechend des ganzheitlichen Ansatzes auch die bestehenden Lebensverhältnisse der Menschen in die Versorgung und Prävention einbezogen werden.

Dorit Philipps, Ärztin
Die Allgemeinmedizinerin ist viel im Rollbergkiez unterwegs: „Um mit den Menschen in Kontakt zu kommen, müssen wir zu ihnen gehen“, erklärt sie ihre Netzwerkarbeit in der Rollbergsiedlung. „Nur dann können wir herausfinden, was den Leuten hier am Herzen liegt und wo es hakt.“ Eine ihrer vielen Aktivitäten ist zum Beispiel die Unterstützung von Anwohner:innen beim Engagement für bezahlbaren Wohnraum, denn dies trägt als soziale Determinante stark zu Gesundheit und Krankheit bei. Von strengen Hierarchien hält die Medizinerin nicht viel, von einer gleichberechtigten und respektvollen Zusammenarbeit umso mehr. 

Berlin-Neukölln
Tobias Bohm

Im Berliner Bezirk Neukölln ist der Bedarf an einer umfassenden gesundheitlichen Versorgung groß. Deshalb engagiert sich hier das Gesundheitskollektiv Berlin, ein multiprofessionelles Netzwerk aus Fachkräften vor allem des Gesundheits- und Sozialwesens.

Büsum

Hoch im Norden möchte die Gemeinde Büsum mit ihrem PORT-Projekt ein Gesundheitsnetz auswerfen, das für die Bewohner und Gäste vor Ort eine umfassende Versorgung vorsieht – von Prävention und Gesundheitsförderung bis hin zur Pflegebetreuung.

Gute Luft, ganz viel Wattenmeer, frische Krabben und jede Menge weites Land. Davon hat die Gemeinde Büsum im Landkreis Dithmarschen reichlich zu bieten. Aber eine Ressource drohte auszugehen: Ärzte. Vor ein paar Jahren näherten sich vier der fünf Büsumer Hausärzte dem Rentenalter – und fanden für ihre Praxen in der abgelegenen Provinz keine Nachfolger. Eine Katastrophe für die etwa 4.800 Bewohner, von denen heute bereits die Hälfte mehr als 60 Jahre alt ist, und problematisch mit Blick auf die 20.000 Urlaubsgäste täglich in den Sommermonaten.
2015 beschloss der Gemeinderat zu handeln: Er bot den Hausärzten an, ihre Praxen zu übernehmen und sie anzustellen. Die Gemeinde kaufte und modernisierte das bestehende Ärztehaus gleich hinter dem Deich und eröffnete 2016 das erste kommunale Hausarztzentrum Deutschlands. Inzwischen sind zwei der älteren Ärzte in Rente gegangen – und junge Nachfolger eingestellt. Diese schätzen die geregelten Arbeitszeiten, den Austausch mit Kollegen, die Möglichkeit der Teilzeit-Arbeit und damit die Vereinbarkeit von Beruf, Freizeit und Familie. Trotzdem weiß man in Büsum, dass noch mehr getan werden muss, um Ärzte und Fachpersonal langfristig zu gewinnen und zu halten – und die Patienten rundum und aus einer Hand zu versorgen. Nach den ersten Erfolgen des Ärztezentrums, zu dem auch eine Apotheke und eine Physiotherapiepraxis gehören, und der Auswahl als PORT-Projekt, blickt die Gemeinde positiv in die Zukunft ihres Gesundheitswesens. 

Als PORT-Initiative möchte die Gemeinde in den kommenden Jahren ihr Gesundheitswesen weiter nachhaltig verbessern. Dafür erweitert sie das Gebäude und schafft Schulungsräume für chronisch Kranke, Kinder, Jugendliche und Pädagogen, ehrenamtlich Tätige und gesundheitsinteressierte Bürger sowie Urlaubsgäste. Außerdem stellt sich PORT Büsum multiprofessionell auf: Sogenannte NäPas (Nichtärztliche Praxisangestellte) entlasten die Hausärzte, indem sie – nach entsprechender Weiterbildung – Aufgaben wie Kontrollmessungen, Blutentnahmen und Hausbesuche übernehmen. Außerdem hat die Gemeinde eine Case Managerin eingestellt, die die Krankengeschichte erfasst, erste Untersuchungen anstellt, bei Bedarf Folge- und Kontrolltermine organisiert, Angebote für Schulungen oder Programme macht und Kontakt zur Pflegeberatung herstellt. Ein weiterer Punkt der PORT-Entwicklung ist die stärkere Einbindung von Telemedizin. So könnten mit einer speziellen Kamera hochaufgelöste Bilder beispielsweise während eines Hautscreenings gemacht und an den Facharzt übermittelt werden. 
Werden alle Ziele erfolgreich umgesetzt, erhofft man sich in Büsum, nicht nur ein attraktiver Gesundheitsstandort für die Bürger zu sein, sondern auch für die Erbringer von Gesundheitsleistungen.

Harald Stender, Koordinator ambulante Versorgung Kreis Dithmarschen 
Harald Stender kämpft als „Koordinator ambulante Versorgung“ gegen die medizinische Verarmung im Kreis Dithmarschen – und für die Umsetzung des PORT-Projekts in Büsum. „Das, was PORT jetzt fördert, ist vorausschauend. Wir werden einen großen Bedarf und zugleich Mangel an Ärzten bekommen“, prophezeit er. „Dann werden wir genau das brauchen, was wir mit PORT heute schon in Ansätzen nach vorne bringen: mehr Entlastung der Ärzte durch NäPas und Case Manager, die Einbindung von Sozialarbeitern und ehrenamtlichen Helfern, mehr Präventionsmaßnahmen und vor allem eine auf den Menschen zugeschnittene, verbindliche Beratung.“ 

Volker Staats, Arzt für Innere Medizin
„Wir haben in Deutschland ein gutes Gesundheitssystem. Aber das bessere ist der Feind des Guten.“ Als PORT-Projekt möchte Staats dahinkommen, dass Ärzte mehr Kompetenzen delegieren dürfen und zugleich den Austausch mit multiprofessionellen Kollegen intensivieren. Wegkommen möchte der Hausarzt davon, nur ein Reparaturbetrieb zu sein. „Dafür müssen wir zum einen Maßnahmen zur Prävention und Gesundheitsförderung anbieten, zum anderen den Menschen nicht nur als Patienten betrachten, sondern auch sein soziales und familiäres Umfeld im Blick haben.“ Staats freut sich auf die neuen Herausforderungen. 

Kim Ehmke, Nichtärztliche Praxisassistentin (NäPa)
Die ehemalige Arzthelferin hat eine Weiterbildung zur Nichtärztlichen Praxisassistentin gemacht. Dadurch hat sich ihre Arbeit enorm verändert. „Nun können die Ärzte Dinge auf mich delegieren, wie zum Beispiel Hausbesuche.“ Regelmäßig fährt sie mit dem Elektroauto des Gesundheitszentrums vor allem zu chronisch Kranken in der Umgebung. Als NäPa darf sie z.B. eigenständig Gerinnungswerte messen, Langzeitmessungen anlegen und ablesen, Laborwerte ermitteln und bestimmte Tests durchführen. „Damit können wir die Ärzte entlasten, aber auch einen guten Service für die Patienten bieten“, erzählt Ehmke. 

Kerstin Weiser-Hagelstein, Fachärztin für Allgemeinmedizin
Für die Hausärztin sieht die Zukunft des Gesundheitswesens stärker patientenorientiert aus. „Wir müssen uns fragen, was und wer kann dem Patienten am besten helfen. Dabei werden soziale Aspekte immer wichtiger.“ Sie erhofft sich einen noch besseren Austausch mit ihrem interdisziplinären Team, aber auch die Einbindung von ehrenamtlichen Helfern und Angeboten. „Gerade chronisch Kranke sprechen auf multimodale Konzepte gut an: Oft lindert es ihre Schmerzen, wenn sie regelmäßig unter Leute kommen, sich bewegen oder an Schulungen teilnehmen.“ 

Büsum
Tobias Bohm

Als PORT-Initiative möchte die Gemeinde in den kommenden Jahren ihr Gesundheitswesen weiter nachhaltig verbessern. Dafür erweitert sie das Gebäude und schafft Schulungsräume.

Hohenstein

Vielleicht ist es gerade die Abgeschiedenheit von Hohenstein hoch oben auf der Schwäbischen Alb, die dafür sorgt, dass die Gemeinde gerne Dinge selber in die Hand nimmt. Dabei kann sie auf engagierte, aktive Bürger zählen, die sich für ihr PORT Gesundheitszentrum einsetzen.

Hat man es erst einmal über die Serpentinen und Anstiege auf die Hochfläche der Schwäbischen Alb geschafft, wellt sich die Landschaft nur noch sanft. Zwischen Wiesen, Heide und Wachholderbüschen ducken sich kleine Orte mit roten Dächern in flache Täler. Darunter auch die fünf Dörfer der Gemeinde Hohenstein, etwa 70 Kilometer südlich von Stuttgart. Gefühlt aber befindet sich die Region fernab jeder Großstadt und Hektik – und fernab eines gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehrs. Scherzhaft sagt man hier, dass jeder Hohensteiner ab Geburt Auto fahren kann. Deshalb ist für die rund 3.700 Einwohner eine gute Versorgung vor Ort wichtig – auch gesundheitlich. 

Vor einigen Jahren wurde die Gemeinde aktiv und baute ein Ärztehaus, um einen Nachfolger für den in Rente gehenden Hausarzt zu gewinnen. Für den langfristigen Erfolg des Projekts stattete die Kommune den Bau mit einer Lehrpraxis für Studierende aus. 

Die Bevölkerungszahlen in Hohenstein steigen und die Nachfrage nach Baugrundstücken wächst. Allerdings wächst auch die Zahl der älteren Menschen und chronisch Kranken. In diesem Bereich mangelt es der Kommune an Gesundheitsversorgung. Mit dem neuen PORT Gesundheitszentrum soll sich das ändern. Damit Hohenstein auch in Zukunft die Auszeichnung der Kommunalen Gesundheitskonferenz des Landkreises als „Gesunde Gemeinde“ zu Recht tragen kann. 

Nach einer großen Befragung zum Thema Gesundheitsversorgung 2016 war klar, was sich viele Hohensteiner wünschen: gesundheitliches Fachpersonal und eine gesicherte Versorgung in ihrer Nähe. 

In das neue PORT Gesundheitszentrum werden neben einer Allgemeinärztin und einem Kinderarzt eine bereits in der Region etablierte Physiopraxis einziehen. Mit einer Ergotherapeutin werden derzeit Gespräche geführt. In einem besonderen Raum werden konsiliarärztliche Sprechstunden z. B. der Klinik für Psychiatrie und Psychosomatik Reutlingen (PP.rt) angeboten. Das Universitätsklinikum Tübingen ist durch das Institut für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung Partner im Projekt und wird im PORT Gesundheitszentrum angehende Ärzte ausbilden, Hausärzte weiterbilden und neue Versorgungsformen etablieren und beforschen. Eine Mitarbeiterin des Pflegestützpunktes Landkreis Reutlingen hat im PORT Gesundheitszentrum ihren Sitz. Sie bietet eine trägerunabhängige Beratung im Vor- und Umfeld von Pflege und fördert in diesem Bereich aktiv das Bürgerschaftliche Engagement und die Vernetzung.

Zentral ist die Funktion der Lotsin, die den Menschen in Empfang nimmt, Anliegen und Wege bespricht, ihn bei Bedarf begleitet, zu Angeboten einlädt und weitere Angebote initiiert. Selbstverständlich werden in diesem Zusammenhang auch Hausbesuche durchgeführt. In Zusammenarbeit mit der Geschäftsstelle der Kommunalen Gesundheitskonferenz Landkreis Reutlingen, die sich um die regionale Versorgungsplanung, Gesundheitsförderung und Prävention kümmert. Mit dem Arbeitskreis „Gesunde Gemeinde Hohenstein“ wurde ein vielfältiges Kurs- und Vortragsprogramm entwickelt. 

Das PORT Gesundheitszentrum Hohenstein ist eine bauliche Besonderheit. Das Zentrum ist teilweise aus einzelnen Modulen – sogenannten Flying Spaces – der ortsansässigen Firma SchwörerHaus errichtet, die sich intensiv mit dem Thema „Gesundes Bauen“ beschäftigt. Die Modulräume sind flexibel nutzbar, können miteinander verbunden werden und überdachte Innenhöfe entstehen lassen. 

Damit jeder aus Hohenstein und Umgebung das PORT Gesundheitszentrum nutzen kann, denken die Initiatoren der Gemeinde über einen Einsatz von Patientenbussen nach. Auch das war ein Wunsch der Bürgerbefragung. Mittel hierfür wurden von der Hans Schwörer Stiftung zur Verfügung gestellt.

Zur Webseite des PORT-Gesundheitszentrums Schwäbische Alb in Hohenstein

Jochen Zeller, Bürgermeister von Hohenstein
Der Bürgermeister sieht Gesundheit als eine kommunale Aufgabe. Deshalb lehnt er sich nicht zurück und wartet auf Vorschläge von anderen. Vielmehr möchte er zusammen mit den etwa 3.700 Einwohnern die Zukunft der Gesundheitssituation vor Ort planen und umsetzen. Er findet es spannend, mit PORT in innovative Bereiche zu gehen, für die es aktuell noch nicht immer einen Kostenträger gibt. „Wir möchten zeigen, dass diese Form von Gesundheitszentren eine Zukunft hat. Und das es durchaus Sinn macht, sie zu finanzieren.“

Monika Firsching, Leiterin der Geschäftsstelle der Kommunalen Gesundheitskonferenz im Landkreis Reutlingen
PORT trifft mit seinen Kriterien nach Ansicht der Gesundheitsplanerin den Innovationsbedarf des Gesundheitssystems – insbesondere für chronisch Kranke und die immer älter werdende Gesellschaft: Multiprofessionelle Teams, Gesundheitsförderung und Prävention. „Im Mittelpunkt aller Bemühungen des PORT Gesundheitszentrums Schwäbische Alb in Hohenstein sollte aus meiner Sicht das Anliegen des Patienten, der Angehörigen und aller Ratsuchender in den Bereichen Gesundheit, Krankheit und sozialer Themen stehen.“ PORT und seine Fachkräfte sollen für alle Hohensteiner da sein.

Hohenstein
Reiner Pfisterer

Nach einer großen Befragung zum Thema Gesundheitsversorgung 2016 war klar, was sich viele Hohensteiner wünschen: gesundheitliches Fachpersonal und eine gesicherte Versorgung in ihrer Nähe. 

Willingen-Diemelsee

Die Region um Willingen und Diemelsee im Norden Hessens hat in Sachen Gesundheit bereits einiges zu bieten: Es gibt Ärzte, Pflege- und Therapieeinrichtungen und heilklimatische Bedingungen. Mit ihrem PORT-Zentrum möchten die beiden Gemeinden nun alles sinn- und effektvoll miteinander verbinden und dabei den Menschen in den Mittelpunkt stellen.

Betrachtet man die Deutschlandkarte liegen Willingen und Diemelsee relativ mittendrin. Schaut man aber näher auf die geographischen Gegebenheiten, befinden sich die beiden Gemeinden mit ihren etwa 5.000 und 4.500 Einwohnern ziemlich abgelegen im nordwestlichen Zipfel Hessens zwischen den Ausläufern des Rothaargebirges. Obwohl die Anreise selten kurz und einfach ist, kommen jährlich etwa eine Millionen Übernachtungsgäste in die Region. In Willingen sagt man gerne scherzhaft, es gäbe hier mehr Hotels und Pensionen als Einwohner. Was macht die Gegend so attraktiv? Willingen und Diemelsee sind sportlich: Im Winter verausgaben sich hier Skifahrer, Langläufer und Skispringer, denen beim jährlichen Skisprung Weltcup auf der Mühlenkopfschanze tausende Fans zujubeln. Liegt kein Schnee, wandern und radeln die Menschen über Berge, um Seen und Talsperren und durch die Wälder. Dazu ist die Region im Landkreis Waldeck-Frankenberg sehr erholsam: Willingen ist „Heilklimatischer Kurort“ und Kneippheilbad mit klassischen Kuranwendungen und vielen Wellnessangeboten. 
Insgesamt ist die Region in Sachen Gesundheitsversorgung gut aufgestellt. Aber im Hinblick auf eine älter werdende Bevölkerung möchten beide Gemeinden ihre Zukunft sichern. Mit der Internetplattform www.landarzt-werden.de hat man bereits erste Versuche unternommen, Nachwuchsärzte in die Region zu locken. Langfristig ist man jedoch auf eine Vielzahl von Fachkräften aus Gesundheits- und Sozialberufen angewiesen. Mit PORT möchten Willingen und Diemelsee diese Kompetenzen bündeln und vernetzen.

Von der hausärztlichen Gemeinschaftspraxis im Zentrum von Willingen sind es nur wenige Meter zum Pflegehotel, einer Einrichtung für Kurzzeit-, Rehabilitations- und Tagespflege, die gerade umgebaut und erweitert wird. Praxis und Pflegehotel bilden den bereits bestehenden Kern des PORT-Projekts in Willingen-Diemelsee. Dazu entsteht derzeit ein Schulungs- und Beratungszentrum, in dem Interessierte über Prävention und Gesundheitsvorsorge informiert und zu sämtlichen Fragen rund um das Thema Gesundheit beraten werden sollen. Auf den Pfaden zwischen Praxis, Krankenhaus, Pflegeeinrichtung, Therapie, Prävention und sozialer Unterstützung werden Patienten seit Sommer 2018 durch eine Case Managerin bzw. Versorgungslotsin begleitet. 

Zusammen sollen alle Beteiligten aus dem Gesundheitsumfeld passgenaue Angebote schaffen, nicht nur für akut und chronisch Kranke, sondern für die gesamte Bevölkerung. Dafür setzt man auf einen regen Austausch zwischen den Fachleuten aus dem Gesundheitswesen, den Bürgern, Patienten, Familienangehörigen und Ehrenamtlichen – durch regelmäßige Fallbesprechungen und offene Diskussionen. Aber auch die Einführung einer digitalen Patientenakte und Apps werden gerade erprobt. 

Insgesamt möchte man in Willingen-Diemelsee mit PORT Strukturen schaffen, die allen ihre Arbeit erleichtern und die es ermöglichen, den Patienten individuell zu versorgen und im Umgang mit der Krankheit zu stärken.

Zur Webseite des Gesundheitsnetzwerkes PORT Willingen Diemelsee e.V.

Dirk Bender, Allgemeinmediziner, Kur- und Badearzt
Der Willinger Hausarzt mag an seiner Arbeit die Nähe zu den Patienten, die er oft durch viele Lebensabschnitte begleitet. Für die Zukunft als PORT-Projekt erhofft er sich eine noch stärkere Entlastung, um mehr Zeit für die Menschen zu haben – die aus seiner Sicht aber auch stärker integriert werden sollen, zum Beispiel mit Hilfe von Apps, Vorträgen oder Workshops. „Wir Ärzte sind endlich. Um unsere Patienten gut zu versorgen, müssen wir andere Gruppen einbinden, die patientenzentriert im Gesundheitswesen arbeiten und auf die Mithilfe der Menschen setzen.“

Katharina Kappelhoff, Projektkoordinatorin und Geschäftsführerin des Vereins Gesundheitsnetzwerk PORT Willingen-Diemelsee e.V.
„Um alle Beteiligten durch den Versorgungsdschungel leiten zu können, müssen wir sie erst einmal unter einen Hut bringen.“ Dabei setzt sie auf die Hilfe der Versorgungslotsin Ingrid Potthoff, die die Kommunikation zwischen Arzt, Pflegekräfte, medizinische Fachangestellte, Therapeuten und Ehrenamtliche leitet und den Patienten einbindet und betreut. „Wir wollen ein Gesundheitszentrum schaffen, das die Menschen aus der Region lebenslang begleitet und versorgt, in dem Entscheidungen zwischen PORT Team und Patienten auf Augenhöhe getroffen werden, in dem Patienten für sich und ihre Bedürfnisse Verantwortung übernehmen.“

Waltraud Rebbe-Meyer, Geschäftsführerin Pflegehotel Willingen
Missstände und Probleme sind dafür da, beseitigt zu werden. So sieht es Waltraud Rebbe-Meyer. Sie führt das Pflegehotel Willingen. Als Teil des PORT-Projekts möchte sie mit ihrem Team daran arbeiten, dass sich die Kommunikation mit allen Beteiligten verbessert: Mit Ärzten, Angehörigen, Pflegediensten und allen Mitarbeitern aus dem Gesundheitswesen. „Unser Ziel ist es, dass wir uns als Partner sehen in einem Geschehen um eine Person herum. Jeder hat seine Professionalität. Wenn wir die schön zusammenbekommen, dann haben wir ein Optimum für den Menschen.“ 

Rosalie Schnurbus, Patientin in der Tagespflege
Rosalie Schnurbus besucht zweimal die Woche die Tagespflegeeinrichtung des Pflegehotels Willingen. Die Rentnerin fühlt sich gut versorgt, auch weil alle um sie herum sich austauschen und auf ihre Wünsche eingehen. So wissen z.B. alle, dass sie gerne früh ins Bett geht und Hilfe beim Treppensteigen braucht. Sie schätzt es, dass eine Case Managerin ihre Termine verwaltet und so legt, dass der Fahrdienst sie zum Beispiel auf dem Rückweg von der Tagespflege gleich zum Arzt bringt. Eine solche individuelle und sehr persönliche Unterstützung stellt sie sich unter einer patientenorientierten Versorgung vor.

Tanja Hesse, Pflegedienstleiterin 
„Die Kommunikation mit den Patienten und Angehörigen läuft in der Regel sehr gut“, sagt Tanja Hesse, Pflegedienstleiterin des Pflegehotels Willingen. Schwieriger sind die Absprachen mit anderen Gesundheitsdienstleistern. Hesse erhofft sich durch PORT eine Verbesserung in diesem Bereich. Zum anderen würde sie in Zukunft gerne mit einer digitalen Akte arbeiten, in der nicht nur Diagnosen und Medikamentenpläne stehen, sondern auch Hinweise zur Therapie und Pflege. „Dann hätte unsere Arbeit noch mehr Sinn.“

Ingrid Potthoff, Versorgungslotsin
Manchmal gleicht das Gesundheitssystem einem großen Dschungel, den man kaum durchblicken kann. Zahlreiche Dinge sind zu beachten, Fördergelder zu beantragen, Untersuchungen durchzuführen. Frau Potthoff ist Ansprechpartnerin für Menschen, die aufgrund einer Erkrankung oder einer Pflegebedürftigkeit Unterstützung bei Ihrer häuslichen Versorgung benötigen. Sie arbeitet mit allen Versorgern aus der Region zusammen, um die bestmögliche Hilfe zu organisieren.

Willingen
Tobias Bohm

Insgesamt ist die Region in Sachen Gesundheitsversorgung gut aufgestellt. Aber im Hinblick auf eine älter werdende Bevölkerung möchten beide Gemeinden ihre Zukunft sichern.

Brüggen

An der Grenze zu den Niederlanden im Kreis Viersen liegt die „Burggemeinde Brüggen“. Die Entfernungen innerhalb der Flächengemeinde mit ihren rund 16.000 Einwohnern sowie die alternde Bevölkerung erfordern neue Ansätze für eine koordinierte und patientenorientierte Versorgung.

Mitten in Brüggen befindet sich das Hausarztzentrum, eine Gemeinschaftspraxis für Allgemeinmedizin, deren Ursprung über 80 Jahre zurückliegt. Seit dem Jahr 2000 wurde die Praxis konsequent zu einem Gesundheitszentrum weiterentwickelt, in dem nichtärztliche und ärztliche Heilberufe gemeinsam Patienten versorgen. Zudem wurde das Medizinische Versorgungszentrum MVZ Schwalm Nette als übergeordnete Einheit mit mehreren Standorten gegründet. Der nächste Schritt: Es soll ein PORT-Zentrum entstehen.

An mehreren Standorten sind acht Ärzte mit Spezialisierungen für die allgemeinmedizinische Versorgung und 39 weitere Mitarbeiter beschäftigt. Das Hausarztzentrum deckt folgende Bereiche ab: Palliativmedizin, Diabetologie, Wundmanagement, kleine Chirurgie, Ernährungsmedizin, Präventionsmedizin, Geriatrie.

Die Patientenorientierung hat einen hohen Stellenwert. Das zeigt sich u.a. in Schulungen und Informationsveranstaltungen. Knapp 40 Prozent der 8000 Patienten pro Quartal sind über 60 Jahre, von diesen wiederum sind mehr als 1000 Patienten über 80. Die Versorgung dieser oft chronisch Kranken ist die größte Herausforderung für die künftige Arbeit.

Mehrere PORT-Kriterien setzt das 20-köpfige Projektteam aus Ärzten, Pflegekräften, Physiotherapeuten, Heilmittelerbringern, Sozialarbeitern sowie Gesundheits- und Krankenpflegern um. Es steht für eine interprofessionelle Arbeit auf Augenhöhe, die die Patienten teilhaben lässt und einbindet. Zudem ist eine erfahrene Mitarbeiterin für Soziales präventiv tätig. Hausbesuche von Ärzten werden hin zu einer examinierten Kraft verlagert, die Heim-und Hausbesuchspatienten regelmäßig aufsucht und betreut. Zu den neu eingeführten, regelmäßigen Teamsitzungen kommen auch externe Experten hinzu. 

Weiteres Standbein ist der Einsatz von E-Health-Instrumenten. Es wurde eine eigene App entwickelt, um Rezepte zu bestellen. Darüber sind auch alle für den Patienten relevanten Dokumente aus dem Verwaltungssystem abrufbar, zum Beispiel der Medikationsplan. Geplant ist der Einsatz eines elektronischen Anamnesebogens, welchen die Patienten per SMS, E-Mail oder in der Praxis direkt per QR-Code auf ihr Gerät erhalten, um vor der Konsultation des Arztes das Krankheitsbild genauer zu beschreiben und damit eine gezieltere und schnellere Behandlung zu erreichen. 

Die Brüggener pflegen intensiv den Austausch mit den politischen Gremien. Es geht u.a. darum, die Gemeinden auf die Übernahme der Kosten für die Koordination (Case Management) und das Aufsuchen hochbetagter Patienten durch eine Krankenschwester (Care Management) vorzubereiten. 
Zur Webseite des Hausarztzentrums Brüggen

Dr. Johann Heinrich Arens, Allgemeinmediziner 
40 Jahre Berufserfahrung, Gründer des Gesundheitsnetzes Viersen und jahrzehntelange Erfahrung in den Gremien der KV. Im Jahr 2000 übernahm er die Hausarztpraxis Brüggen. Geprägt durch Erkenntnisse aus dem europäischen Ausland hat er den Bau eines Gesundheitszentrums im Ortszentrum durchgesetzt.

Gaby Jannsen
Seit 30 Jahren in der Praxis. Beruflich Entwicklung von der MFH zur Diabetes-Assistentin und dann zur MVZ-Geschäftsführerin. Sie kümmert sich um alle organisatorischen Aspekte des Projekts.

Ellen Höveler
Sie kommt aus der sozialen Arbeit und hat u.a. in sozialen Brennpunkten im Ruhrgebiet gearbeitet. Sie bringt Ihre Kompetenz im Case Management für Familien ein. 

Silke Nickel
Die Krankenschwester mit langjähriger, auch internationaler Erfahrung in neurologischer Rehabilitation, Wundmanagement und anderen Fachbereichen verstärkt das Projektteam durch ihre Fachlichkeit.

Claudia Schrewe
Sie berät das Team in Grundsatzfragen, moderiert Workshops und kümmert sich um die Beziehungen zur politischen Ebene.

Mühle und Stadttor in Brüggen
Marcel Kühlewind

Dachau

Im Landkreis Dachau mit insgesamt rund 150.000 Einwohnern gibt es viele ländliche Gemeinden. In der Großen Kreisstadt selbst leben viele Pendler und junge Familien. Seit rund 20 Jahren setzt der MVZ Verbund Dachau auf kooperative, patientenorientierte Versorgungsmodelle für die Gesundheitsversorgung in der Fläche. Sie werden nun vernetzt.

Der MVZ Verbund Dachau betreibt an 13 Standorten einen überregionalen medizinischen Versorgungsverbund mit 71 Ärzten in den Fachgebieten Allgemeinmedizin, Innere Medizin, Kardiologie, Pneumologie, Gastroenterologie, Neurologie, Psychiatrie, Gynäkologie, Homöopathie, Geriatrie, Palliativmedizin, Naturheilkunde, Sportmedizin, Psychotherapie und Arbeitsmedizin. Insgesamt arbeiten 270 Personen verschiedener Berufsgruppen im MVZ Verbund, darunter jedes Jahr 15 Auszubildende in den Berufen Medizinische Fachangestellte und Kaufleute im Gesundheitswesen. Die Praxis ist zudem Lehrbeauftragte der Ludwigs-Maximilians-Universität München und Weiterbildungsberechtigte für die bayerische Landesärztekammer in den genannten Fachgebieten. 

Einige Konzepte konnten bereits erfolgreich umgesetzt werden: gemeinsame Behandlungspfade, eine gemeinsame IT-Plattform, gemeinsamer Fahrdienst, fachärztlicher Hausbesuchsdienst, praxisübergreifender Sozialdienst sowie ein ambulantes geriatrisches und palliatives Versorgungsteam. Auch ein Pflegeheimversorgungsplan und das Zentrum für nichtärztlichen Betreuungsdienst gehören zum umfassenden Angebot.

Mehrere PORT-Ziele hat man sich in Dachau gesetzt: ein Zentrum für Telemedizin und innovative Medizin sowie die Vernetzung von Präventionsmanagement und betrieblicher Versorgung für die zahlreichen vor Ort ansässigen Unternehmen; alles zusammengeführt in einem Versorgungskonzept. Die Vernetzung der vorhandenen Strukturen wird die hauseigene Akademie leisten. Eine fach- und professionsübergreifende Versorgung erfordert einen hohen Schulungssaufwand und neue Schulungskonzepte, die alle Professionen erreichen müssen. Mehr als 15 medizinische Fachgebiete, Sozialarbeiter, Versorgungsassistentinnen, Gesundheitsmanager sowie Gesundheits- und Krankenpfleger sind beteiligt. Durch die gezielte Auswertung der Behandlungsdaten können neue Bedarfe gefunden, entwickelt und umgesetzt werden. 

Voraussetzung für den Erfolg des multiprofessionelles Teams ist ein effektives Schnittstellenmanagement durch ein interagierendes Praxisteam, das gelernte Maßnahmen und immer wieder aktualisierte Abläufe der interdisziplinären Zusammenarbeit selbständig umsetzt und dadurch die Versorgung im Sinne des Patienten optimiert. Durch Schulungen, praxisinterne Handbücher und technische Tools sollen Behandlungspfade besser gesteuert und weiterentwickelt werden. Deren gezielte Planung und Auswertung dient u.a. der besseren Steuerung von Ressourcen. Auch an die wissenschaftliche Auswertung des Schulungs- und Strukturmanagements wurde gedacht. Die Dachauer sehen hier einen wichtigen Beitrag zur Versorgungsforschung innerhalb kooperativer Versorgungsmodelle.
Zur Webseite des MVZ Dachau

Dr. Karl Wilhelm, ärztlicher Leiter des MVZ Verbundes Dachau
Der Internist hat die Projektleitung inne. Er setzt die Meilensteine für die verschiedenen Konzepte, erhebt Statusprüfungen und sichert den Informationsaustausch im MVZ Verbund. Außerdem übernimmt er das Projektcontrolling. 1997 erhielt er die Niederlassung in der Gemeinschaftspraxis Dachau.

Bettina Reindl, Gesundheitsmanagerin und Leitung MVZ Verbund Akademie 
Verantwortlich für die Projektsteuerung. Sie erarbeitet mit Fitore Kurtaj und den Abteilungen die Handlungskonzepte, die an alle Mitarbeiter weitergetragen werden. 2014 übernahm die studierte Gesundheitsmanagerin die Leitung der neu gegründeten Abteilung MVZ Verbund Akademie. 

Fitore Kurtaj, Gesundheits- und Sozialmanagerin
Sie kümmert sich um Schulungskonzepte für die Mitarbeiter und wirkt an deren Implementierung im Verbund mit. Arbeitet seit 2008 im MVZ Dachau und hat 2019 ihr Studium in Gesundheits- und Sozialmanagement abgeschlossen. 

Simone Markt, Gesundheits- und Sozialmanagerin
Sie übernimmt die Auswertungen der zahlreichen Daten, die der Erreichung der Projektziele dienen.

Darmstadt-Dieburg

Im Landkreis Darmstadt-Dieburg leben rund 300.000 Menschen in 23 Kommunen. Der Landkreis betreibt zwei Kliniken und das Zentrum der Medizinischen Versorgung Darmstadt-Dieburg (MVZ) GmbH mit mehreren Standorten. Sie sind zentrale Bausteine des kreiseigenen Versorgungskonzepts 2025.

2014 gründete der Landkreis das erste kommunale (landkreiseigene) MVZ in Deutschland am Standort Ober-Ramstadt. Deutliche Zahlen hatten die Entscheider von diesem Schritt überzeugt: 2030 wird nahezu jeder fünfte Einwohner im Landkreis zwischen 65 und 79 Jahre und jeder zehnte Einwohner älter als 80 Jahre sein. Außerdem wird knapp jeder 20. Einwohner auf Pflege angewiesen sein. Hausärzte sind im Durchschnitt 56 Jahre alt. Bis 2030 werden zwei von drei in den Ruhestand gehen. 

Heute gibt es – einschließlich Ober-Ramstadt mit dem hausärztlich-internistischen Schwerpunkt – fünf MVZs an drei verschiedenen Standorten. Die MVZs arbeiten ähnlich wie Gemeinschaftspraxen, bieten aber verschiedene Fachrichtungen unter einem Dach. Die behandelnden Ärzte erbringen ihre Leistungen in engem Kontakt mit den Kreiskliniken Darmstadt-Dieburg. Diese Zusammenarbeit bietet die Chance zur ständigen Weiterbildung und dient der bestmöglichen Versorgung der Patienten. 

Im Positionspapier „Zukunft Gesundheit. Gemeinsam medizinische Versorgung und Pflege sichern im Landkreis Darmstadt-Dieburg“ haben die Verantwortlichen ihre Marschroute niedergelegt. Dazu gehört auch die Zusammenarbeit mit der OptiMedis AG.

Das MVZ in Ober-Ramstadt soll entsprechend der PORT-Kriterien zu einem Primärversorgungszentrum (PVZ) ausgebaut werden. Eine wichtige Säule ist der Einsatz nichtärztlicher Mitarbeiterinnen im Sinne des multiprofessionellen Teams: hier sind es eine Case Managerin und eine nichtärztliche Praxisassistentin. Behandlung im Wohnzimmer statt beschwerlicher Weg zum Arzt, lautet das Motto. Die beiden neuen Mitarbeiterinnen machen es möglich, dass ein Großteil der (regelmäßigen) Untersuchungen für ältere, multimorbide Menschen in den eigenen vier Wänden statt im Behandlungszimmer durchgeführt werden können. Die Case Managerin fungiert als Bindeglied zwischen Patient, Angehörigen, Physiotherapeuten, Pflegestützpunkt, Geriatrie sowie den Ärzten. 

Neue Versorgungsangebote und -strukturen insbesondere für die geriatrischen Patienten und für Patientengruppen mit chronischen Erkrankungen zu etablieren, ist dem Landkreis ein großes Anliegen. Das MVZ in Ober-Ramstadt dient als geriatrische Schwerpunktpraxis und folgt einem eigenen Geriatriepfad in der Versorgung. Auch ein Prä-Diabetes-Pfad ist vorgesehen. Weitere Bausteine der übergeordneten Strategie sind innovative Arbeits- und Organisationsmodelle für alle Fachkräfte, um sie für eine angestellte oder selbstständige Niederlassung in strukturschwächeren Gemeinden des Landkreises zu gewinnen.

Klaus Peter Schellhaas, Landrat des Landkreises Darmstadt-Dieburg
Klinikdezernent seit über 12 Jahren. Vorsitzender des Gesundheitsausschusses im Hessischen Landkreistag. „Mein Anspruch ist, dass die Menschen in der Region dank innovativer Angebote eine gute wohnortnahe medizinische Versorgung erhalten.“

Pelin Meyer, Geschäftsführerin MVZ und Betriebsleiterin Kreiskliniken Darmstadt-Dieburg
Projektleitung, Fachanwältin für Medizinrecht. „Durch das Projekt können wir heute Antworten auf die Frage entwickeln, wie wir die medizinische Versorgung im Landkreis auch mit weniger Ärzten qualitativ hochwertig aufrechterhalten können.“

Alexander Noll, Manager MVZ 
Der Naturwissenschaftler leitet die medizinischen Versorgungszentren des Landkreises. „Die multiprofessionelle Versorgung unserer Bevölkerung vor Ort wird zunehmend wichtiger. Die Förderung ermöglicht uns, als Vorreiter in Deutschland neue Projekte umzusetzen.“ 

Janine Mack, Assistenz MVZ 
Die Gesundheits- und Krankenpflegerin ist selbst Bewohnerin des Landkreises: „Ich merke persönlich den Arztmangel, gerade in ländlichen Regionen. Wir können die vorhandenen Strukturen des Gesundheitssystems ändern.“

Ulf Werner, Senior Manager Integrated Care, OptiMedis AG
Der Diplom-Sozialwissenschaftler leitet das kommunal beauftragte Versorgungsprojekt im gesamten Landkreis. „Wir wollen das landkreiseigene Medizinische Versorgungszentrum von einem Reparaturbetrieb zu einem Inspektionsbetrieb weiterentwickeln.“ 

Dr. Jürgen Oldenburg, Medical Advisor, OptiMedis AG
Der Humanmedizinier plädiert für eine stärkere Multiprofessionalisierung im Gesundheitswesen: „Der Arzt sollte sich auf seine Kernaufgaben konzentrieren können und nicht das machen, was andere Berufsgruppe besser machen können.“

Support Darmstadt
Schunck / Dölker

Hamburg-Veddel

Vor über 200 Jahren weidete auf den Elbinseln Milchvieh. Vor gut 100 Jahren warteten hier unzählige Auswanderer in riesigen Hallen auf die Überfahrt nach Amerika. Heute nennt die Website der Stadt Hamburg den Stadtteil ein „multikulturelles Dorf in Insellage“. Die Gesundheitsversorgung ist jedoch weniger idyllisch und zeigt deutlichen Handlungsbedarf.

Die Veddel, eingerahmt von Bahngleisen und Autobahnen, zählt zu den ärmsten Stadtteilen Hamburgs und ist stark durch große Industrieansiedlungen geprägt. Jeder Vierte der rund 4700 Bewohner aus 50 Nationen lebt von Transferleistungen. Dennoch gibt es eine gute Nachbarschaft und Vernetzung: man kennt sich.

Die Poliklinik Veddel versteht sich als Kollektiv. Sie ist ein Stadtteilgesundheitszentrum mit allgemeinärztlicher Versorgung, Sozial- und Gesundheitsberatung, Community Health Nursing, Hebammenversorgung und psychologischer Beratung. Außerdem ist die Poliklinik ein Treffpunkt für alle, die sich um ihre Gesundheit und um ein gutes Leben auf der Veddel kümmern wollen. Neben der konkreten Behandlung und Beratung geht es um die Ursachen, warum Menschen hier so früh so krank werden. Die Mitarbeitenden in der Primärversorgung, aus dem Gemeinwesen und der Forschung arbeiten alle eng zusammen. Die Poliklinik Veddel suchen viele vergleichsweise junge (unter 50 Jahre) chronisch kranke Menschen auf. Als man Anfang 2017 startete, gab es hier keine Apotheke und nur einen Allgemeinarztsitz. Bis heute fehlen Fachärzt:innen. Zum Kollektiv zählen aktuell 40 Personen – aus den Berufsbereichen Community Health Nursing, MFA, Krankenpflege, Rechts- und Politikwissenschaften und Linguistik. Dazu kommen Allgemeinmediziner:innen und Fachärzt:innen der Gynäkologie, Inneren Medizin, Pädiatrie und Psychiatrie. Ebenfalls Bestandteil dieses vielfältigen Teams sind Fachkräfte aus dem Bereich Kommunikationsdesign, Shiatsu-Lehre, Sozialarbeit, Erziehungswissenschaften, Psychologie, Tischlerei und Psychotherapie. Das Gesundheitszentrum will gestaltenden Einfluss auf die Lebensverhältnisse der Menschen vor Ort nehmen. Denn, „Gesundheit ist eine soziale Frage“, so die Überzeugung der Akteur:innen.

Zur Webseite der Poliklinik Veddel

Mehrere PORT-Merkmale stehen im Fokus: Die interdisziplinäre Zusammenarbeit wird groß geschrieben. Ein Aspekt ist die Entwicklung eines gemeinsamen, multiprofessionellen Dokumentationstools (Patienten/Klientenakte) mit E-Health-Ansätzen. Die interdisziplinären Teamsitzungen finden wöchentlich statt; ergänzt werden sie durch fachbereichsübergreifende Behandlungsgespräche mit Patient:innen und interdisziplinär besetzte Sprechstunden. Das Team lernt miteinander und voneinander in gemeinsamen Fortbildungen zu Shared-Decision-Making, Patientenorientierung, Interprofessionalität, Diskriminierungsformen sowie Methodentrainings. Mittlerweile gibt es auf der Veddel drei Standorte, dies macht die Zusammenarbeit aufwendiger. Der Bezirk Hamburg-Mitte und die Freie und Hansestadt Hamburg unterstützen das innovative Projekt und planen unter anderem die Realisierung eines Neubaus, in den die Poliklinik Veddel mit allen bisherigen und noch einigen weiteren Angeboten (geplant: Gynäkologie, Pädiatrie, Psychotherapie) in vier bis fünf Jahren einziehen kann.

Im Rahmen des bundesweit ersten Praxisprojekts zu Community Health Nursing (Kooperationsprojekt mit der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg unter Leitung von Prof. Dr. Petersen-Ewert) konnte in einer BMBF-finanzierten Interventionsstudie das enorme Potenzial von Community Health Nursing für die ambulante Gesundheitsversorgung erforscht werden. Auch die Gesundheitsberichterstattung hat das Hamburger Team im Blick: Um passgenaue Angebote entwickeln zu können, werden in partizipativen Forschungsprozessen Gesundheitsbefragungen erarbeitet und durchgeführt. Der aktuelle Community Health Survey Veddel unterstreicht unter anderem die weite Verbreitung von schwerwiegenden psychischen Belastungen im Stadtteil sowie die negativen Auswirkungen von schlechten Wohnbedingungen und Diskriminierungserfahrungen auf das gesundheitliche Wohlbefinden.

Zur Webseite des Forschungsprojekts www.veddel-wie-gehts.de

Neben dem Ausbau des Gesundheitszentrums in allen Bereichen geht es den Mitarbeitenden der Poliklinik Veddel in Kooperation mit anderen PORT-Zentren um die bundesweite Etablierung von interdisziplinären Primärversorgungszentren. Die Stärkung der Pflege, die enge Verzahnung zwischen Versorgung und Prävention und die stadtteilbasierte Forschung sind die zentralen Elemente dieser für Deutschland noch neuen ambulanten Versorgungsform.

Madeleine Does, Gesundheits- und Sozialberatung
Die Sozialpädagogin und Sozialarbeiterin meint, „dass die Menschen nicht nur zu uns kommen müssen“ und versteht daher die „aufsuchende Arbeit im Stadtteil als eines der zentralen Elemente des Fachbereichs.“

Tobias Filmar, Koordinator multiprofessionelle Zusammenarbeit, psychologische Beratung
Der Diplompsychologe, Tischler und angehende Psychotherapeut beschreibt sinnvolle ambulante Versorgung als „interdisziplinär unter einem Dach“. So entstehen stetige Synergieeffekte zwischen den einzelnen Berufsgruppen. Durch die interne Vermittlung gehen keine Klienten verloren. 

Verena Barchfeld, Fachärztin für Innere Medizin
In der Allgemeinarztpraxis sieht sie täglich, „dass die Menschen auf der Veddel die enorme Ungleichverteilung des Wohlstands in unserer Gesellschaft auf bittere Weise am eigenen Körper erleben: Sie sind im Durchschnitt sehr viel früher von schwereren und chronischen Krankheiten betroffen.“

Lukas Waidhas, Community Health Nurse
„Die Versorgungsbedarfe sind viel zu komplex geworden, um sie allein hausärztlich lösen zu können“, sagt Lukas Waidhas. Seiner Meinung nach müssen wir von anderen Ländern lernen, denn international steht die Relevanz von akademisierten Pflegekräften auf Masterniveau – wie z.B. Community Health Nurses – für eine flächendeckend hochprofessionelle Versorgung außer Frage.

Milli Schroeder, Projektkoordination und Verwaltung
Sie übernimmt in der Poliklinik Veddel eine Schnittstellenfunktion und stellt fest: „Der Ansatz Health in all Policies ist fast 40 Jahre alt. Wir müssen dafür sorgen, dass dies endlich von der Politik und den Behörden umgesetzt wird, sonst werden wir keine signifikante Verminderung der gesundheitlichen Chancenungleichheit erreichen.“

Poliklinik Hamburg Vedel von außen

Kassel

Kassel ist u.a. bekannt für historische Gebäude und Parks sowie alle fünf Jahre für die documenta. Der Stadtteil Rothenditmold aber ist ein sozialer Brennpunkt. Viele Bewohner leben in schwierigen Verhältnissen. Wirkungsvolle Gesundheitsversorgung und -förderung stehen hier vor besonderen Herausforderungen.

Der Stadtteil mit rund 7000 Einwohnern hat die höchste Arbeitslosenquote (19,6%) und die meisten SGB II-Empfänger Kassels. Über 55% der Bevölkerung und ca. 70% aller Kinder haben einen Migrationshintergrund. Alleinerziehung, Überschuldung und Umweltbelastung treffen viele. Mangelnde Vorsorge verbunden mit einem allgemein schlechten Gesundheitszustand, Fehlernährung, Alkohol- und Drogensucht, chronische Erkrankungen, psychische Beeinträchtigungen und Depressivität sind überproportional anzutreffen. Dazu kommt der (Fach-)Ärztemangel im Quartier.

Der freie Träger betreibt das Mehrgenerationenhaus Heilhaus seit fast 30 Jahren als Ort für Menschen in allen Lebensphasen. Das Angebot umfasst u.a. Geburtshilfe, Gesundheits- und Patientenberatung, Begleitung in Lebenskrisen. Es wurde ein breites Leistungsangebot für chronisch-/schwerkranke, alte, hilfs- und pflegebedürftige Menschen entwickelt, darunter ein gemeinnütziges MVZ mit Allgemein- und Palliativmedizin, Dermatologie, Homöopathie, Trad. Chinesischer Medizin, Psychoonkologie, Psychotherapie und Patientenberatung. Es gibt Praxen für Ergo- und Physiotherapie, Logopädie und Osteopathie, eine Hebammenpraxis, einen ambulanten Pflegedienst und Deutschlands erstes Mehrgenerationenhospiz. Außerdem eine Kita, eine Schule für schwer kranke Kinder, sozial-pädagogische Jugendhilfe sowie einen offenen Mittagstisch, wo 60 – 70 Essen täglich serviert werden.

In direkter Nachbarschaft entstand die „Siedlung am Heilhaus“ mit 130 Bewohnern. Alte, Kranke und Behinderte sind integriert, Inklusion wird gelebt. Durch enge Verzahnung von professionellen Leistungen und ehrenamtlicher Hilfe können Schwerstpflegebedürftige in ihrer Wohnung leben.

Die Gesundheitsvorsorge im Stadtteil Rothenditmold soll durch niedrigschwellige Präventionsangebote zu gesunder Ernährung, Bewegung, Vorsorge oder Sucht gestärkt werden. Multiplikatoren werden geschult für aufsuchende Arbeit. Die Zusammenarbeit zwischen medizinisch-therapeutischen Angeboten, ambulantem Pflegedienst und sozialen Angeboten wird im Sinne der Gesundheitsvorsorge ausgeweitet um die Bereiche Kita, Jugendhilfe und Sozialarbeit. Kinder und Jugendliche sollen durch Angebote wie Logo- und Ergotherapie, Sport und Ernährung erreicht werden.

Konkret geplant sind: 

  • die Fortbildung von Ehrenamtlichen: Schulung zu Beratung anhand des Gesundheitsbogens, Niedrigschwelligkeit, Kommunikation. 
  • technische Professionalisierung: Entwicklung eines EDV-Dokumentationssystems, Erstellen von Behandlungsplänen, Weiterentwicklung des Gesundheitsbogens. 
  • Erweiterung der Kooperation mit Ärzten, Therapeuten und Krankenhäusern.
     

Ziel aller Aktivitäten ist eine nachhaltige Verbesserung der gesundheitlichen Situation im Stadtteil, vor allem bei Kindern und Jugendlichen. Langfristig trägt das Projekt zu gesünderen und leistungsfähigeren Bewohnern in Rothenditmold bei.
Nähere Infos unter www.heilhaus.org.

Gerhard Paul, Geschäftsführer
„Durch einen sozialräumlichen Pflegedienst und ein gemeinnütziges Medizinisches Versorgungszentrum konnten wir im Quartier medizinisch-heilende Strukturen etablieren. Zusätzlich haben sich Therapeuten im Heilhaus niedergelassen. Mit der Förderung durch supPort vernetzen wir diese Angebote und bauen die umfassende medizinische Versorgung weiter im Quartier aus.“

Dr. Carsten Mohr, medizinischer Leiter
„In unserer täglichen medizinischen Arbeit im Heilhaus verstehen wir körperliche Erkrankungen stets auch als ein Ungleichgewicht auf der sozialen, psychischen oder geistigen Ebene. Die Förderung unterstützt uns bei der Entwicklung eines EDV Tools, das die Kommunikation zwischen den verschiedenen Professionen erleichtert.“

Christa Winger, Dipl. Sozialarbeiterin, Projektkoordination
„Das Mehrgenerationenhaus Heilhaus stellt mit seiner Vielfalt an Angeboten einen idealen Anlaufort für Menschen allen Alters dar. Die Menschen des Stadtteils sind schon jetzt aktiv eingebunden in die von ihnen benötigten Angebote. Das verstärken wir.“

Sabine Püschel, Beratungsstelle für Gesundung und Heilung
„Wir begleiten Menschen, die akut erkrankt sind, chronische Leiden haben, Unterstützung in einer Krise brauchen oder ihre Gesundheit fördern möchten. Wir haben nun die Möglichkeit, dieses ‚tragende Netz‘ noch mehr Menschen im Stadtteil anzubieten.

Chris v. Westernhagen, Projektmanagement
Viele Bewohner haben Probleme. Da sind eine gesunde Lebensführung und der Erhalt von Gesundheit oft nebensächlich. Das Projekt macht es möglich, mit niedrigschwelligen Angeboten die Familien besser zu erreichen und langfristig die Gesundheitsförderung zu verbessern.“

Heilhaus Kassel von außen
Sabine Große, Heilhaus-Stiftung Ursa Paul

Märkische Höhe

Die Verbandsgemeinde Märkische Höhe liegt im Landkreis Märkisch Oderland in Brandenburg. Hier stand im Ortsteil Reichenberg 20 Jahre lang ein ehemaliges Schulgebäude leer. Das ist Geschichte. Mit großem Engagement der Region entsteht hier ein „Lebens- und Gesundheitszentrum“ für Primär- und Langzeitversorgung.

Der „Verein zur Förderung des Thomas Müntzer Gesundheitszentrum e.V.“ hatte die Idee: Das alte Schulgebäude soll neu belebt werden – ein enormer Sanierungsaufwand. Zudem gab es  inhaltliche Pläne. Eine Machbarkeitsstudie zum generationsübergreifenden Bedarf an medizinischen, therapeutischen und sozialpflegerischen Dienstleistungen brachte schließlich das klare Ergebnis: Ein Versorgungszentrum mit präventiven, kurativen, rehabilitativen und sozialen Angeboten ist sinnvoll und notwendig. Die Versorgung der Region, bestehend aus 17 kleinen und mittleren Kommunen, nordöstlich von Berlin zwischen Strausberg – Seelow – Bad Freienwalde, mit einem Einzugsgebiet von etwa 28.000 Einwohnern ist auf lange Sicht nicht ausreichend gewährleistet. Vor allem die ärztliche und pflegerische Versorgung chronisch und multimorbid Erkrankter ist unzureichend. Ein Defizit gibt es auch in der sozialpräventiven und kurativen Versorgung von Kindern und Jugendlichen. Das Kreisgesundheits- und Kreissozialamt bestätigen den Bedarf.

Die Ziele sind hochgesteckt: moderne Daseinsvorsorge und nachhaltige Lebensqualität, sozialgesellschaftliche Infrastruktur und Teilhabe, neue Arbeitsplätze, sich mit anderen Anbietern vernetzen und zusammenarbeiten. Dank einer EU-Landesförderung begannen im Januar 2017 die Bauarbeiten. Anfang 2019 fusionierte der Verein mit dem DRK-Kreisverband Märkisch-Oder-Havel-Spree, der nun Träger ist. Im September eröffnete die barrierefreie Kita. Derzeit wird die Seniorentagesstätte eingerichtet. Demnächst wird ein Regional-Laden mit Bistro und Frischküche sowie ein Beratungs-und Gemeindezentrum eröffnet. Der zweite Bauabschnitt für die ärztlich-therapeutischen Angebote hat bereits begonnen. Im dritten Bau- Abschnitt gilt es, die vorhandene EU-Norm-Sporthalle wieder für Gesundheitsleistungen fit zu machen.

Ab Oktober 2019 arbeitet eine Allgemeinmedizinerin im Zentrum. Neurologische und chirurgische Sprechstunden sind fest eingeplant. Zukünftig sollen auch ein Gynäkologe und ein Kinderarzt die Versorgung vor Ort sicherstellen. Als Partner ist das Evangelische Diakonissenhaus Berlin Teltow Lehnin (EDBTL) mit seinem Krankenhaus Lutherstift Seelow/Frankfurt (Oder) und der Medizinischen Einrichtung gGmbH (MEG) mit im Boot, was eine breite fachärztliche Abdeckung ermöglicht. Außerdem starten zum Jahresende im Zentrum eine Ergo- und Physiotherapiepraxis. 

Die multiprofessionelle Zusammenarbeit der Ärzte, Therapeuten und Mitarbeiter der sozialen Dienste wird in regelmäßigen Meetings umgesetzt. Gespräche mit den Kostenträgern zu neuen Versorgungsmodellen (z. B. Ärztliches Konsilium Modell) stehen ebenfalls auf dem Plan. 

Das Zentrum ist kommunal gut eingebunden und erfüllt eine Brücken- und Scharnierfunktion. Es übernimmt und sichert die Primär- und Langzeitversorgung der Menschen vor Ort. Die Verantwortlichen achten bewusst darauf, dass sich gut vernetzte, patientenorientierte Strukturen entwickeln. Im Sinne der Patienten wird das nötige und wichtige Case-Management Wege verkürzen und Zeit einsparen. Diesem Ziel dienen auch Kooperationen mit Apotheke, Fahrdienst, Regionalladen, Fachkrankenhäusern, ambulanten Pflegediensten, ambulantem Hospiz, SAPV und der Fachhochschule für Pflege, Soziales und Hebammenpflege. Präventiv- und Reha-Programme sowie  gesundheitsfördernde Sportangebote ergänzen das Angebot.

Websites: 
www.diakonissenhaus.de
www.maerkischemitte.de

Käte Roos, Projektleitung
Ideengeberin und unermüdliche Umsetzerin. Krankenschwester und Pflegepädagogin mit vielfachem berufspolitischem Engagement (u.a. Bundesverband des Diakonischen Werkes, Vorsitzende der ev. Kranken und Alten-Hilfe, Grüne Damen und Herren e.V., heute auch Gemeinderatsmitglied in Märkische Höhe)

Simone Kowalke, Netzwerkkoordinatorin
Unterstützerin der ersten Stunde. Netzwerkerin, um die PORT-Idee in die Praxis zu überführen. Seit zwei Jahren in der Region beheimatet. 

Dr. med. Karsten Bittigau, MBA
Geschäftsführer des Unternehmensbereichs Gesundheit des EDBTL mit Krankenhäusern in Luckau, Ludwigsfelde, Lehnin, Frankfurt (Oder) und Seelow, einer Geriatrischen Rehabilitationsklinik in Lehnin und der MEG mit Praxen in Teltow, Ludwigsfelde, Seelow und Golzow.

Manfred Helbig, Präsident des DRK Kreisverbandes MOHS e.V.
Großer Befürworter und Unterstützer in der „Strukturförderung Ländliche Region“.

Blick von außen auf das Gebäude
Monika Lauritsen